Coldplay im Letzigrund Zürich

Die Tore standen offen, Mülleimer und Security standen in den Schleusen bereit. Ungeduld machte sich breit. Da fing es auf einen Schlag an zu regnen. Ein Stöhnen und Ächzen ging durch die Menge, Jacken und Pellerinen wurden übergeworfen. Nur damit es auch gleich wieder aufhörte. Die Taschen und Ticketkontrollen begannen endlich. Schnell ein Leuchtarmband schnappen und los ging der Mini-Marathon. Unterwegs mit ihrer „A Head Full Of Dreams“-Tour machten Coldplay nach vier Jahren endlich wieder Halt in Zürich. Da wollte natürlich jeder den bestmöglichen Platz kriegen.

Der Einlass
Ab 13 Uhr stand ich vor dem Stadion, mit mir rund 15 Coldplay-Fans an meinem Eingang. Die meisten sprachen Französisch oder Italienisch, waren ausgerüstet mit T-Shirts und Merchandise. Sogar Eltern mit ihrer vielleicht 10 Jahren alten Tochter waren früh angereist und sassen in ihren Camping-Stühlen vor den Schleusen. Damals vor vier Jahren warteten ungefähr die gleich Anzahl Leute um diese Zeit vor dem Stadion. Damals bei der letzten Tour war es einfach einen Platz in der ersten Reihe zu ergattern. Ich ging davon aus, dass mein Platz nicht zu schlecht sein wird, merkte aber im Stadion drin sehr schnell, dass es den perfekten Platz kaum gab. Die Konzertbesucher wurden vom Eingang C erst mal ans andere Ende des Stadions geleitet, runter in den Stehbereich und von da musste man den selben Weg wieder zurück, um den Eingang zum Golden Circle zu erreichen. Dadurch, dass es die Early Entry Tickets gab, war ein grosser Teil der ersten Reihe bereits besetzt. Aber mal ehrlich, Golden Circle Tickets kosten genug und der Vorteil von Early Entry-Tickets ist definitiv zu klein, um noch mehr zu bezahlen. Von der Hauptbühne ging ein langer Laufsteg nach hinten, an dem eine kleine runde Bühne angehängt war. Wie ich später merkte, gab es auch noch eine dritte kleine Bühne im normalen Stehbereich. Mit meiner Golden Circle Karte kam ich da gar nicht hin. Vom Bühnenaufbau also nicht viel anders als bei der letzten Tour. Am besten schien es mir, mich irgendwo am Steg zu platzieren. Rund 2,5 Stunden später war Showbeginn.

Die Support Acts
Die Schweizer Musikerin Lea Lu war erster Support Act. Für ihren Auftritt auf der grossen Coldplay Bühne hatte sie extra noch einige Leute in ihre Band geholt. Damit stand sie mit 6 Musiker und Sänger auf der Bühne. Sie starteten mit „Arizona Ice Tea Flash“ [Video hier] und spielte rund eine halbe Stunde. Viele ihrer Songs sind ruhiger, aber die Stimmung war gut im Publikum. Beim zweitletzten Lied kündete sie dann sogar einen Special Guest an: Da betrat tatsächlich kein anderer als Bastian Baker die Bühne. Ich hatte ihn gerade erst am Vortag im Sihlcity noch gesehen. Mein Gedanke: „Cool, ein Duett?!“. Aber was auch immer die beiden für einen komischen Deal hatten: Mehr als neben den Backgroundsänger stehen mit ein paar “Ohohs” tat der gute Herr nicht. Ein Bisschen Hüftschwingen kam noch dazu, dann war er wieder weg [Video hier]. Die ausländischen Fans schienen alle sehr verwundert. Naja, ich auch. Und es war ganz ehrlich schon enttäuschend, da hatte ich mehr erwartet. Es wurde gewitzelt, dass er nur Chris Martin hallo sagen kommen wollte. Und ohne Witz, das war gemäss einem Interview tatsächlich in etwa der Grund des seltsamen Auftritts. Passend zum letzten Lied, Lea Lu’s neuem Titel „Enjoy The Rain“ [Video hier], den sie acappella zum Besten gaben, fing es kurz an zu regnen. Der Song war ein toller Abschluss ihres Sets.

Nach einer kurzen Umbaupause ging es mit Foxes weiter. Foxes ist der Künstlername der britischen Popmusikerin Louisa Rose Allen. Sie stand mit drei Herren auf der Bühne, die sie an Keyboard/Synthies, Schlagzeug und Bass begleiteten (und wo ist die Gitarre?). Die Frau hat echt ne tolle Stimme, aber das Ganze war mir zu viel gleichklingendes „Boom Boom“. Es wurde schnell eintönig. Und die Begeisterung und das Interesse des Publikums hielt sich auch eher in Grenzen. Der Auftritt zog sich so recht lange. [Video hier]

Coldplay – A Head Full Of Dreams
Pünktlich um 20.15 Uhr wurde das Publikum dann bereits ungeduldig, fing an zu pfeifen und klatschen. Haha, war etwas gar pünktlich. Aber kurz darauf wurde auch schon das Maria Callas Lied „O mio babbino caro“ abgespielt und darauf Videos von Coldplay-Fans rund um die Welt gezeigt. Und mit einer mehrsprachigen Schweizer-Fangruppe wurde die Band angekündigt und auf die Bühne geholt. Coldplay starteten die rund 2-stündige Show mit ihrem Albumtitel „A Head Full Of Dreams“.

Chris Martin sauste gleich auf der Seite der Bühne entlang und begrüsste winkend das Publikum, während sich die anderen drei ihre Instrumente schnappten und los legten. Chris hat immer noch diselbe, unglaubliche Energie wie vor vier Jahren. Und bereits nach ca. der Hälfte des Songs, als Chris den Laufsteg zur Bühne runter lief, gab es einen ersten riesen Knall und kunterbunte Konfetti-Fontänen schossen in die Luft. Begleitet von Jubel, Gekreische und überraschte Ausrufe des überwältigten Publikums bedeckten die Papierfötzel das Stadion, blieben in den Haaren hängen, rieselten in die Jacke rein, einen den ganzen Rücken runter. Ich hatte am Ende des Abends einfach ÜBERALL Konfetti.

Es ging gleich weiter mit einem ihrer älteren Hits „Yellow. Die Xylotbänder begannen in passender Farbe zu blinken und die Zuschaer streckten voller Freude ihre Arme in die Höhe. Fast etwas schade, dass es noch nicht dunkel war, da hätte das Ganze von Beginn weg schon richtig toll gewirkt. Es war aber trotzdem nicht weniger beeindruckend. Als ich nach Tourstart irgendwann online mitbekam, dass die Bänder auch bei der neuen Tour mitdabei sind, freute ich mich wie ein kleines Kind darauf. Die durften einfach nicht fehlen! Weiter ging es mit „Every Teardrop Is A Waterfall“. Im Hintergrund wurde die Schweizerflagge eingeblendet, Chris alberte dabei rum und bedeckte sich sein Gesicht mit der Flagge, die er ständig mit sich rum trug. Am Ende des Liedes regnete es Konfetti in Form von bunten Vögel. Für „The Scientist“ wurde es etwas ruhiger. Chris setzte sich ans Piano und liess schön alle dazu mitsingen. Darauf folgte „Birds“ und nach ihrem Hit „Paradise“ wechselten Coldplay auf die B-Stage am Ende des Laufsteges.

Der erste Titel war „Magic“, der so unglaublich toll passte – „I call it magic, when I’m with you“ – es war definitiv magisch… die Songs, die Visuals, Feuerwerke und Konfetti sowie die ganze Stimmung im Publikum. Von meinem Platz aus war es zwar etwas schwierig direkt auf die Bühne zu sehen, aber dafür waren die Visuals auf dem grossen Screen an der Hauptbühne  so unbeschreiblich schön. Die Band wurde von oben gefilmt und verspielte, verträumte Bilder darüber eingeblendet. Da kriegte man richtig Gänsehaut. Als zweites Lied auf der B-Stage starteten sie „Ink“, was Chris aber vermasselte und meinte, dass er jetzt wohl nach der Show gefeuert werden würde. Das würde somit möglicherweise das letzte Konzert sein, also sollen wir es doch zum Besten machen. Er begann also nochmals von vorn. Gut zu sehen und hören, dass auch ein Chris Martin nicht perfekt ist. Der Coldplay Frontmann wirkte während dem ganzen Konzert so super sympathisch.

Bevor sie schliesslich „Everglow“ anstimmten und danach zurück auf die Hauptbühne gingen, stellte Chris noch, nicht ganz so ernsthaft, die Band vor: Jonny Buckland an der Gitarre. Guy Baryman am Bass, der auch ein Model sein könnte und schon da gewesen sei bevor Ricky Martin und Enrique Iglesias erfunden wurden. Chris sei froh, sei Guy Coldplay beigetreten und nicht solo gegangen. Und Will Champion, der Schlagzeuger der Band, sei ja schon so alt und gerade zu Beginn seiner Rente der Band beigetreten…

Während die Band zurück auf die Hauptbühne ging, gab es ein Video zum Gedenken an Boxlegende Muhamed Ali, der kürzlich verstorben ist. Zurück auf der Hauptbühne gings mit einem Mix aus alten und neuen Songs weiter. „Clocks“, „Midnight“, „Charlie Brown“, „Hymn for the weekend“ und „Fix You“ waren alle untermalt mit kunterbunten Visuals, Konfetti und Feuerwerken. Als sie dann aber „Heroes“ von David Bowie coverten, war alles schlicht in schwarz/weiss gehalten. Richtig schön und respektvoll zu dessen Ehren.

„Viva La Vida“ wurde natürlich vom Publikum gross gefiert. Für den Song kam die grosse Glocke zum Einsatz und Chris sprang auch hier wieder mit voller Energie den Laufsteg rauf und runter, kreuz und quer über die Bühne. Er liess die Fans mitsingen, während die Lichter an den Handgelenken wie wild in allen Farben im Taxt blinkten. Die Schweizer Fahne, sein ständiger Begleiter, war noch immer hinten an der Hose befestigt. Er liess sich am Ende des Songs fallen und rollte auf dem Boden rum…Was für ein verrückter Typ. Haha.

Es ging weiter mit dem neuen Titel „Adventure Of A Lifetime“. Und da schwebten plötzlich riesige bunte Ballone über den Köpfen der Zuschauer. Und passend zum offiziellen Video wurden auf den Screens Visuals mit Schimpansen gezeigt, natürlich wie bereits durchs ganze Konzert hindurch genau so bunt. Zugegeben war es teils fast etwas scdhwiergig sich in dem Moment auf irgendwas anderes als auf die Ballone zu konzentrieren. Chris liess das Publikum schliesslich in die Hocke gehen, zählte in deutsch auf drei und liess alle aufspringen und ausflippen. Es war eine einzig grosse Party in dem Zürcher Stadion.

Darauf folgte wieder ein Bühnenwechsel: Dieses Mal ging es durchs Publikum auf die C-Stage, eben auf die kleine Bühne hinten im normalen Stehbereich. Gut, nicht ganz direkt durchs Publikum, da gab es extra eine Schleuse fürs Quartett, um rüberzukommen. Das drei Lieder-Akkustikset starteten sie mit „In My Place“. Drauf folgte einer der Fan-Wünsche, die man via Instragram hatte übermitteln können und sich die Band einen aussuchte: „Strawberry Swing“ hatten Coldplay seit Jahren nicht mehr gespielt. Auch der passte so unglaublich schön mit Zeilen wie „…and it’s such, it’s such a perfect day. It’s such a perfect day…“. Ungefähr in der mitte des Songs entschlüpfte Chris ein „Shit!“ als er einen Fehler machte und unterbrach sein Gitarrenspiel, um kurz darauf wieder einzusetzen. Nach dem Song meinte er, dass vor allem jetzt wohl die Journalisten dachten, dass das ziemlich scheisse geklungen habe – und sie hätten Recht. Chris sei nämlich von einem Besuch bei seiner Tochter in den USA zurückgekommen und habe sich nicht gut gefühlt. Da habe er wegen dem Spitalbesuch den Soundcheck verpasst, das Lied also gar nicht üben können. Er bedankte sich bei den Zürcher Ärzten, die ihn wieder fit machten fürs Konzert. Naja, ganz so schlimm klang es doch gar nicht. Und dass es ihm vor dem Konzert nicht gut ging, hätte man ihm ja also so nicht angemerkt.

Nach „See You Soon“ gings dann zurück auf die Hauptbühne, wo es mit „Amazing Day“ bereits gegen Ende der Show zuging. Im Hingergrund gab es weitere kunterbunte Visuals auf dem Bildschirm. Damit wurde man irgendwie total in eine Traumwelt katapultiert. Für „A Sky Full Of Stars“ wurde nicht nur die Leinwand in einen wunderschönen Sternenhimmel verwandelt, das Publikum wurde durch die Leuchtbänder in dem abgedunkelten Stadion zum Lichtermeer und es rieselte sternenförmiges Konfetti auf die Zuschauer nieder. Natürlich wurde mit der Lichtshow nochmals richtig aufgedreht. Das wunderschöne „Up & Up, das sofort zu meinem Favoriten wurde, sowie eine tolle Laserlichtshow beendeten den Konzerteabend. Dabei lief auf dem grossen Screen teils das offizielle Video zum Song und Feuerwerke schossen noch ein letztes Mal in den bewölkten Nachthimmel. Die Band verabschiedete sich. Man wollte sie am Liebsten gar nicht gehen lassen.

Ich habe mehrere Berichte zum Konzert gelesen, alle irgendwie so negativ: Es sei ja gar kein richtiger Rock mehr, sei zu elektronisch und das ganze Drum und Dran mit Feuerwerk, Visuals und Konfetti nur zur Ablenkung da, weil sie musikalisch nicht mehr so gut seien. Manche bemängelten, dass die Fehler, die Chris machte, ja gesellt gewesen seien und die Balladen teils nicht passten. Ich kann nur sagen, es war wie vor vier Jahren wieder der absolute Wahnsinn und einfach bombastisch. Es war eine tolle Setlist.  Mit dem wunderschönen Akkustikteil und ihren Balladen haben sie definitiv bewiesen, dass sie mehr als nur Show machen können. Noch Wochen nach dem Konzert fand ich Konfetti in meiner Wohnung. Ich hab jeden Moment des Konzertes geliebt. Da tat der grosse Ticketpreis auch gar nicht mehr weh. Und falls es wider den Gerüchten doch eine weitere Tour geben sollte, werd ich wieder dabei sein.

Webseiten:
www.coldplay.com
www.lealu.ch
www.iamfoxes.com

Youtube Playlist Coldplay