Sommer 2020: Ab an die Swiss Mountain Roadshow

Corona-Sommer 2020

Hot Like Sushi Steffisburg

Heisse Tage und tropische Nächte: Der Festival-Sommer 2020 drohte ja erst komplett auszufallen. Grosse Festivals dürfen diesen Sommer nicht stattfinden. Zum Glück sind wenigstens kleinere Openairs und Festivals mit dementsprechenden Schutzkonzepten wieder erlaubt. Die Organisatoren der Swiss Mountain Road Show haben somit mit Unterstützung des Thunfests sowie der Music Days Steffisburg in Steffisburg während drei Tagen mit neun spielfreudigen Bands ein coronakonformes Festival mit prächtiger Stimmung organisiert. Leider hielt die Festival Freude zwar nicht ganz so lange, wie geplant. Aber schön, wurde es gewagt.

Swiss Mountain Road Show

Nacnecc eröffnete die Swiss Mountain Roadshow in Steffisburg

Der erste Stop der Swiss Mountain Road Show fand am 30. und 31. Juli sowie 02. August auf dem Schönau Schulareal in Steffisburg statt. Ganz coronakonform mit Schutzkonzept für bis zu 600 Personen: Das Gelände wurde in zwei getrennte 300er-Publikums-Sektoren geteilt, was wunderbar funktionierte. Draussen im Freien, genügend Abstand für alle, Desinfektionsmittel reichlich vorhanden und Helfer sowie Medienleute trugen Masken. Bars, Food- und Glacestände standen ebenso beidseitig bereit. Es gab sogar dem “Wetter entsprechendes Raclette” zum “Raclette entsprechenden Wetter“. Und so ging es am ersten Abend mit Nacnecc los.

Es war heiss und die eine oder andere Schweissperle tropfte über die Stirn in die Augen. Diese Erfahrung machte besonders auch Pascal Lehmann alias Nacnecc, der in der brennenden Spätnachmittagssonne das Festival im Duo mit Gitarrist Matthias Urech eröffnete. Mit seinem Elektro-Rap/Mundart-Rock, rhythmischen Beats und Melodien sowie feurige Gitarrensoli heizte er dem noch eher zurückhaltenden Publikum ein. Songs wie “Süessi Melancholi”, “Garantieschyn”, “NoWartIg” und natürlich “Bärestark” ab seinem Debutalbum “Aso, wie meinsch?” gehörten zum Programm.

Nacnnexc an der Swiss Mountain Road Show

[Bildstrecken: Nacnecc an der Swiss Mountain Road Show]

Let’s get funky

Funky, energisch und superbunt ging es nach der Umbaupause mit dem Trio Hot Like Sushi weiter – mit Marc “The Pocket” Friedrich als Ferienvertretung an den Drums. Die Band sei nicht nur eine Band, sondern es sei ein Lifestyle. Der Plan reich und berühmt zu werden sowie Models zu heiraten, sei zwar etwas von Corona durchkreuzt worden, aber aufgeben taten sie natürlich nicht. So liessen sie zwischen Songs wie “Bitch Repellent”, “Purpose”, oder “Send Nudes” etwa ihren persönlichen Werbespot laufen und haben sich zwischenzeitlich auch ganz international ihre .com-Domain gesichert.

Hot Like Sushi an der Swiss Mountain Road Show

Spätestens während Ihrem Medley aus bekannten Songs wie Outkat’s “Mrs Jackson”, Timberlake’s “Senorita”, dem Prince Of Bel Air-Theme oder Smith’s “Welcome To Miami” konnten sich keine Beine mehr still halten. Und dass Corona sie nicht aufhält, bewies indessen auch Luca, der mit Maske und Keytar etwas Nähe zum Publikum suchte und dabei den Graben rockte. Kennt ihr ausserdem den besten Song der Welt? Zumindest gemäss den Sushis ist das Shaggy’s “It wasn’t me”.

[Bildstrecken: Hot Like Sushi an der Swiss Mountain Road Show]

Haben Troubas Kater etwa Corona vorausgesagt?

Troubas Kater liessen den ersten Festivaltag schliesslich ausklingen. Sie hätten nicht geübt, deshalb sei dieses Konzert einmalig und einzigartig. Ach, kein Problem. Mit Einbruch der Dämmerung war die Zuschauermenge gewachsen und noch einige Musikliebhaber mehr dazu gekommen, die die Band hören wollten. Viel Gelegenheit gab es in diesem Jahr bisher ja noch nicht: Ende Februar hatten Troubas Kater ihr neues, drittes Album “Itz eifach nid abe luege” veröffentlicht. Das sei keine gute Idee gewesen, bestätigte Frontmann QC und überlegte, ob sie mit dem neuen Song “Made in China” sogar die Corona Situation vorausgesagt hatten.

Troubas Kater an der Swiss Mountain Road Show

Troubas Kater an der Swiss Mountain Road Show

Habt ihr euch übrigens auf dem aktuellen Album “Troumzäut” schon anhört? Mit Textzeilen wie “…z Zytgfüehl hani ewig scho verlore, d Uhr die ticket ständig monoton…” fühlt man sich auch direkt in den Lockdown zurückversetzt. Wie auch immer: So mussten Troubas Kater ihre im März laufende Tour unterbrechen.

Ich hätte ja eigentlich ein Ticket für das letzte Konzert in Langnau gehabt. Bin wegen Corona aber nicht hingegangen. Könnt aber sagen, was ihr wollt, ich ärgere mich immer noch nicht dagewesen zu sein.

Aber wohl ganz nach dem Albummotto “Itz eifach nid abe luege” geht es weiter. Gut Ding will eben Weile haben und besser spät als nie, kriegten wir die neuen Songs nun auch live zu hören. Daneben natürlich auch ältere Werke sowie ganz traditionell den spontanen Freestyle bestehend aus Wunschworten aus dem Publikum – “Späckbohne”, “Birdy” und “Schwendimann”. Dabei werden Worte aus früheren Konzerten ganz klar nicht wiederholt. Trotzdem musste der Plüschvogel die Bühne auch gleich wieder verlassen.

[Bildstrecken: Troubas Kater an der Swiss Mountain Road Show ]

Leider reichte es mir nicht ganz bis ans Ende zu bleiben, aber während ich auf den Bus wartete, klang Troubas Katers allen bekannte “Latvia” laut quer durchs Steffisburger Dorf. Und genau so muss Sommer sein!

Fadegrader Sound aus dem Berner Oberland

Am Freitagabend gings direkt mit der jungen Mundartband Räbstock weiter. Im Berner Oberland aufgewachsen sassen Frontmann Jan und Gitarrist Sven einst eine ganze Woche in ihrem Proberaum und liessen sich von Polo Hofer’s Schmätterband zur Gründung ihrer Band inspirieren. Diese Inspiration hört man in ihren Folk-Rock-Country Mundartsongs etwas heraus. “Fadegrader Sound” wollen sie spielen und haben sich somit mit Bruno (Drums) und Giuseppe (Bass) zusammengetan.

[Bildstrecken: Räbstock am Swiss Mountain Road Show]

Letzten September die ersten Shows gespielt, kam auch ihnen Corona etwas in die Quere. Da sie aber noch ganz am Anfang stehen, sei das nicht so schlimm für die Band und sie blicken zuversichtlich in ihre Zukunft. Auf die kommenden Auftritte wie nun an der Swiss Mountain Road Show oder in der Schlossberg-Bar später am Abend freuen sie sich. Ihre Songs wie “Nume no e Schritt”, “Vorbilder” oder “Whisky, Bier und Wii” wollen sie im Herbst dann im Studio aufnehmen – inklusive Gitarren und Sax-Soli. In der Zwischenzeit trinken sie gerne mit alten und neu gewonnen Fans ein kühles Bier.

Die Musikbranche braucht Unterstützung

„Was machsch du hüt Nacht?“ fragte “Buuregiel” George, der aus dem Seeland im Trio angereist war. Neben Titeln ab dem aktuellen Album „Fründe für immer“, hatte er auch viele ältere Songs bis hin zu seinen Anfangszeiten mit im Gepäck. Den gleichnamigen Titelsong gab es inklusive dem italienischen Teil, der auf dem Album vom aus Italien stammenden Thuner Musiker Roberto Brigante übernommen wurde. Hits wie „Hie bini dahei“ oder „Wär wenn nid du“ fehlten ebenfalls nicht.

George bedankte sich beim Publikum fürs kommen und betonte, dass die Musiker die Unterstützung mehr den je brauchen. Ja, George singt zwar “arm aber glücklich” zu sein, aber die Corona Situation bedroht die ganze Event- und Musikbranche und somit tausende Existenzen. So ganz ohne Musik und Auftrittsmöglichkeiten sind die wenigsten glücklich. Bitte lasst euch durch die paar kleinen Events, die zurzeit stattfinden nicht täuschen. Es ist super, dass Konzerte statt finden. Im Ganzen gesehen, ist es aber  höchstens ein Tropfen auf dem heissen Stein. Es geht dabei auch  nicht nur um die Musiker, die auf der Bühne stehen und euch musikalisch unterhalten. Dazu gehören Booker, Licht- und Soundtechniker, Fahrer, Caterer und so viele mehr.

[Bildstrecken: George an der Swiss Mountain Road Show in Steffisburg]

Gegen Setende gaben George und seine beiden Mitmusiker schliesslich noch ein akustisches Rock-Medley zum Besten. Es bestand aus Liedern, die George damals zu Anfangszeiten mit seiner Coverband gespielt hatte.

In die Herzen und Clouds

Sie wissen, das Leben ist kein “Ponyhof” und zu Coronazeiten muss man schon genau überlegen, was man nun mit dem Publikum anstellt.  Aber mit David Guetta-Finger und Hip Hop-Arm hatte die Berner Band Halunke gute Lösungen gefunden, um etwas Bewegung in die Zuschauermenge zu bringen. Sie starteten das Konzert ausserdem etwas früher und verlängerten die Show damit spontan auf 90 Minuten.

Auch Halunke hatten länger nicht gespielt. Das letzte Konzert habe bei gefühlten -20°C stattgefunden. Da war es zum Abschluss dieses 2. Festivaltags in Steffisburg definitiv wärmer. Die Rede war übrigens vom “Touch The Mountains” in Interlaken Anfang Jahr (lest hier). Mit dieser Neujahrsshow hatte die Band eigentlich ihre 10-jährige Jubiläums-Tour gestartet, die durch Corona nun ganz anders verläuft als geplant. Untätig waren sie aber nicht. Präsentierten sie an der Swiss Mountain Road Show erstmals ihre neue Single „Uf Rimini“ live.

[Bildstrecken: Halunke an der Swiss Mountain Road Show in Steffisburg]

Nicht nur mit dem letzten Song des Abends „240 tusig“ wissen sich Halunke nach der langen Live-Pause immer noch in unsere Herzen und Clouds zu singen.  Neben neuen und alten Songs kamen viel Humor, ein Geburtstagsständen und der eine oder andere Rap ebenfalls  dazu.

Vorzeitiges Ende

Das tolle Festival mit bester musikalischer Unterhaltung und wunderbarer Stimmung, nahm nach dem Schweizer Nationalfeiertag am Sonntag mit Slam Lt., Caroline Chevin und Baba Shrimps aber leider bereits ein vorzeitiges Ende. Eigentlich wären die Stopps in Interlaken und Bad Ragaz bereits geplant gewesen. Gemäss den Veranstaltern waren die Lücken in den Rängen jedoch zu gross und zu wenige Tickets wurden abgesetzt, um neben dem emotionalen Erfolg – endlich wieder mal Livemusik unter freiem Himmel – auch wirtschaftlichen Erfolg verbuchen zu können. Und dieser wirtschaftliche Erfolg war eine der Voraussetzungen für die Tour. Somit wurde die Swiss Mountain Road Show-Tour nach den drei Tagen in Steffisburg abgebrochen. Anscheinend ist der Grossteil der Leute noch nicht bereit für solche Festivals? Oder sassen sie einfach lieber entlang des Sees im Schatten? Ich weiss es nicht.

Die Veranstalter zogen trotzdem eine positive Bilanz und Daniel Michel vom OK sagte: „Wir haben gezeigt, dass es möglich ist, einen Konzertanlass im Freien durchzuführen, der für das Publikum und die Künstler sehr wohl stimmungsvoll und stimmig ist – und gleichzeitig sämtlichen Auflagen entspricht.“ Es habe bei der behördlichen Kontrolle auch keinerlei Beanstandungen hinsichtlich der Aufteilung und der Organisation der Publikums-Ströme gegeben.

Danke an die Veranstalter für den Versuch! Danke an die Bands für die schönen Konzerte! Und liebe Fans und Musikliebhaber: Geht und besucht die Openairs und Festivals, die diesen Sommer noch stattfinden. Unterstützt die eure Lieblings-Musiker, Veranstalter und ihre Crews. Der Sommer ist mit Live-Musik doch gleich viel schöner!

 

Infos zu Event & Bands findet ihr hier:

mountainroadshow.ch
www.nacnecc.ch
www.hotlikesushi.com
www.troubaskater.ch
www.räbstock.ch
www.georgemusig.ch
www.halunkeonline.ch