Seifenblasen tanzen über den Köpfen der Zuschauer, einige bewegen sich ausgelassen zu Amy’s mitreissendem Song. Es muss um die 100 Grad sein hier drin, kommentiert die Sängerin, und ich stimme zu, dass es sich wirklich so anfühlt. Auch wenn Amy MacDonald und ihre Band über 1,5 Stunden spielen, hätten wir der sympathischen Schottin und ihren ausgeglichenen, wohltuenend Liedern noch länger zuhören können. Seit 3 Wochen ist Amy MacDonald bereits mit ihrem neuen 4. Studioalbum „Under Stars“ auf Tour und macht damit auch Halt im neuen Zürcher Konzertlokal, der Samsung Hall. Mit 5000 Zuschauern ist das Konzert an dem Freitagabend ausverkauft.
Kurz nach Türöffnung ist es schon etwas überfüllt und chaotisch in und um die Eingangshalle. Kreuz und Quer drängen sich Konzertbesucher suchend Richtung Garderobe, während sich andere ihren Weg an die Essensstände bahnen. Es ist alles noch sehr neu hier, man kennt sich nicht so aus. Von weitem riecht man schon Pasta, Bratwürste oder etwa die Flammkuchen unter der vielfältigen Auswahl. Während einige am Merchandise-Stand die vielen verschiedenen Fanartikel begutachten, stellen sich andere nochmals vor die Tür in die kühle Abendluft. Es ist schon vor dem Konzert sehr warm im Gebäude, in der Halle drin wird es mit der Dauer des Abends zunehmen. Das ist aber etwa das einzige Unangenehme, das ich an dem Abend am neuen Konzertlokal feststelle. Es ist mein erster Besuch im neuen Lokal, mein zweiter bei Amy MacDonald. Ich bin sehr gespannt, wie das Konzert in der ausverkauften Samsung Halle wirken und klingen wird. Der erste Eindruck ist soweit aber schon mal gut.
Support Newton Faulkner
Der britische Musiker Newton Faulkner eröffnet den Abend. „Dies ist ein Lied!“ grinst er schelmisch mit seinen paar Worten Deutsch und beginnt mit dem ersten Titel. Als kleiner Joke wiederholt er dies später noch 1-2 Mal. Schnell fallen mir seine beiden Markenzeichen auf: Einerseits sein spezielles Gitarrenspiel mit einer Art Zupfen und Tappen, wodurch seine Songs sofort nach so viel mehr klingen, als eigentlich gespielt wird. Andererseits hat er die Haare in Dreadlocks zusammengebunden. Allein mit einer Akustikgitarre, einer Art Fuss-Drum-Pedal und wohl einer Art Bodenpiano, begeistert er mit eher ruhigen, aber sehr rhythmischen Liedern rasch das sehr aufmerksame Publikum. „You are well behaved“ – ihr seid gut erzogen – stellt er fest. Ob es uns denn stören würde, wenn er einen noch unfertigen Song spielen würde? Wofür er auch gleich seine jubelnden Zuhörer zum Mitklatschen animiert.
Auch wenn ihr möglicherweise wie ich bisher noch nie von Newton Faulkner gehört habt, in den UK feierte er einige Erfolge und ist in seiner Heimat an so manchen grossen Festivals aufgetreten. Er war bereits Support Act von James Morrison, Paolo Nutini und John Mayer. 2007 veröffentlichte er sein erstes Album und schreibt mittlerweilen an seinem sechsten. Dieses neue, sechste Album könne man bereits vorbestellen, auch wenn es noch nicht fertig sei.
Er weiss sein Publikum zu unterhalten. Neben all seinen eigenen fertigen und unfertigen Songs, verabschiedet er sich schliesslich nach dem rund 30min Auftritt mit seinem „Partysong“: Ein richtig tolles Cover von Queen’s „Bohemian Rhapsody“ [hier findet ihr eine Version von seinem „T in the Park“-Auftritt]. Im September will er bereits wieder zurück in die Schweiz kommen. Ich kann euch empfehlen, bei ihm vorbei zu gehen.
Amy MacDonald
Wie kleine Sternchen hängen die Glühbirnen von der Decke runter, während Amy MacDonald mit der fünfköpfigen Band die Bühne betritt und mit dem neuen Albumtitellied „Under Stars“ die Show startet. Ich hab definitiv einen neuen Lieblingssong gefunden. Es geht temporeich weiter mit ihren Songs „Don’t Tell Me It’s Over“ und „Spark“. Mit ihrer warmen, sehr eigenen und kräftigen Stimme in Kombination mit den stampfenden, eingängigen Pop/Folk-Melodien reisst sie ihr Publikum sofort mit. Der Abend in der ausverkauften Samsung Hall solle zur Party werden. Vor allem sicher auch, weil Gitarrist Sam seinen 40. Geburtstag feiert, wie sie gegen Ende des Konzertes bei der Bandvorstellung verrät. Das Publikum meint es gut und beginnt mit einem Geburtstagsständchen, was allerdings mehr in einem chaotischen Kanon endet. Davor funktioniert das Mitsingen aber sehr schnell sehr gut.
Die Schottin spielt eine schnelle, mitreissende Setlist aus einem Mix von ganz neuen und vielen älteren Titel, gespickt mit einigen ruhigen Akustikversionen und wunderschönen Balladen. Darunter befinden sich auffällig viele Stücke ab ihrem Debutalbum, die der Grossteil des Publikums auch bereits in und auswendig kennt. Ist euch schon aufgefallen, wieviele ihrer Lieder man rein aus dem Radio kennt? Sobald die ersten Töne von „Mr Rock’n’Roll“ erklingen, geht aufgeregter Jubel durch die Halle und die Stimmung wird gleich ein Tick lebendiger. Was sich mit „Dream on“ sogar noch steigert.
Wie bereits Newton Faulkner davor, fällt aber auch Amy auf, wie ruhig und aufmerksam das Publikum an dem Abend ist. Dabei wisse sie doch, dass wir Schweizer lauter sein können. Natürlich muss das auch gleich mit einem kleinen Gesangswettbewerb, zwischen den Zuschauern vor der Bühne sowie den „poshen“ Konzertbesuchern oben auf Balkonsitzplätzen, getestet werden. So müssen diese auch erst mal ganz alleine zu „Slow it down“ mitsingen, was überraschend laut nach unten schallt. Ist das Publikum bisher eher noch zurückhaltender gewesen, wird das Eis damit gebrochen.
„4th of July“ und „Pride“ folgen als Akustikversionen, um für einen Moment etwas herunterzufahren. Zwischen den Songs erzählt Amy viel davon was sie erlebt, was sie bewegt und inspiriert. Themen sind ungeliebte Videodrehs und Fernsehserien. So möge sie keine Shootings und schon gar nicht Videodrehs. Weil trotz, dass ein Musikvideo gerade nur 3 Minuten lang sei, daure so ein Dreh oft weit über einen Tag. Nur das heutige veröffentlichte Video zu ihrer neuen Single „Automatic“ [schaut das Video hier] habe wegen der bevorstehenden Tour innert 4 Stunden im Kasten sein müssen. Damit ihr Management sie zukünftig nur noch kurze Videos drehen lasse, erklärt sie, habe sie ihre Fans extra gute Bewertungen kommentieren lassen. Sie sei sich nun sicher, sie würde dafür bald einen Oscar gewinnen, witzelt sie.
Der neue Titel „The Rise & Fall“ ist durch eines ihrer Lieblingsdinge, dem TV, inspiriert worden. Weil so während dem Touren könne man nicht viel mehr machen, als stundenlang Fernsehserien zu schauen. Und so schwärmt sie von Kevin Spacey’s Schauspielkünsten in ihrer Lieblingsserie „House Of Cards“. Durch diese entstand eben der neue Song. Und auch wenn sie dabei immer wieder extra übertrieben, aber nicht ganz ernst gemeint, von ihren eigenen Fähigkeiten und Liedern prahlt, wirkt die zierliche Frau mit den vielen Tattoos super sympathisch und bodenständig – genau wie ihre Musik.
Amy lässt nur zu gerne das Publikum mitsingen, mitklatschen und Arme schwenken, so auch wieder zu „This is life“. Manchmal übernehmen auch die Bandmitgleider den Animationspart. Nahtlos geht der Song in das wunderschöne, nur von Keyboard begleitete „Never Too Late“ über, bevor sie mit „Life in a beautiful light“ bereits zum letzten Titel kommt. Natürlich geht sie aber nicht ohne Zugabe. „Wo denn nun all die poshen Leute hinwollen?“ fragt sie, als sie ganz allein auf die Bühne zurückkehrt und einige bereits die Halle frühzeitig verlassen. Ohne Band spielt sie eine eindrückliche Akustikversion von „Prepare To Fall“, bevor ihre Band für das neue „Down by the water“ wieder hinzukommt. Mit „Let’s start a band“ als dritte Zugabe verabschieden sie sich schliesslich endgültig.
Ein wunderbares Konzert, das in der neuen Samsung Halle soundtechnisch super rübergekommen ist. Egal ob von ganz vorn oder ganz hinten. Auch mit dem neuen Album „Under Stars“ setzt Amy MacDonald auf ihr altbewährtes Erfolgsrezept. Und wer die neuen Songs nun noch nicht gehört hat oder sie einfach nochmals sehen möchte, kriegt diesen Sommer bereits wieder die Gelegenheit dazu.
Amy MacDonald spielt bei uns in der Schweiz an zwei der schönsten Sommerfestivals
Fr, 07.07.2017
Stars Of Sounds, Murten
Tickets bei Ticketcorner
Do, 20.07.2017
Moon & Stars, Locarno
Tickets bei Ticketcorner
Weitere Informationen zu Amy MacDonald findet ihr auf www.amymacdonald.co.uk
Infos zu Newton Faulkner findet ihr auf www.newtonfaulkner.com