Am 1. April haben Amistat ihre Color in Life-Tour gestartet und machen an diesem Donnerstag Halt im Dynamo Zürich. Endlich sehe ich Amistat auch live. Wobei ich jedoch eines bereue: Dass ich es nicht schon eher an eines ihrer Konzerte geschafft hatte.
Musikalische Geschichten aus dem Leben von Alivan Blu
Zum Glück hat die Britin Anna Stanton als 17-jährige nicht so genau auf ihre Mama gehört und sich nach ihrem Einleben in Australien direkt in einen Australier, genauer in Jed Billington, verliebt. Sonst stünden wir heute wohl nicht hier im Dynamo und würden Alivan Blu‘s wunderschöne Folk-Songs geniessen.
Komplette Bildstrecken: Alivan Blu im Dynamo Zürich
Das Duo eröffnet heute für Amistat den Abend. Und nicht nur in Zürich, sondern überhaupt dürfen sie Amistat auf der ganzen Tour begleiten. Besonders gefreut haben sich Alivan Blu auf das Konzert hier in der Schweiz, erzählt Anna. Sie versichert dabei sofort, dass es tatsächlich so sei und sie das nicht einfach so an jedem Ort sage.
Inspiriert durch den Englischen Singer-Songwriter Ben Howard, Indie-Folkband Bon Iver oder der britisch-amerikanischen Rockband Fleetwood Mac reist das Duo seit 2017 mit ihrer Musik um die Welt. Als Paar schreiben sie Lieder, die auf ihrem gemeinsamen Leben basieren. So erzählt Anna etwa mit “Southern Sun” ihre Geschichte, wie sie nach Australien ausgewandert ist. Es ist das erste Lied von Alivan Blu’s Debütalbum, das dieses Jahr erscheinen soll. Anna legt dazu die Gitarre flach auf ihre Beine, um sie zu spielen. So, wie ich das unter anderem bei Tom James schon gesehen habe.
Unterschiede zur Heimat
Alivan Blu’s Sound ist warm und wohltuend. Neben eigenen Songs wie “All The Gold”, „Wildflowers“ oder “Solace” spielen sie auch das The Lumineers Cover “Salt and the Sea”. Sie freuen sich, wie ruhig es heute Abend im Dynamo ist und wie gut das Publikum zuhört. Sie schmunzeln, denn in Australien sei das jeweils anders. Dort würden die Leute vor allem an Konzerte gehen, um sich zu betrinken. Der Unterschied scheint wirklich recht gross. Wird im Verlaufe des Konzertabends das Publikum für diese Stille und das Zuhören tatsächlich von beiden Bands immer wieder sehr gelobt.
Mitten in der Show reisst an Jed’s Gitarre plötzlich eine Saite. Das sei nun die zweite Saite innerhalb von drei Shows, lacht Anna. Bis Jed die Gitarre wieder besaitet hat, überbrückt sie die Wartezeit mit Geschichten und Anekdoten zu ihrer Musik sowie vergangenen Erlebnissen . Das Paar entschuldigt sich überdies, dass sie nicht mehr Gitarren mitgebracht haben, um einfach wechseln zu können. Es sei zu teuer, so viele Gitarren rüber zufliegen.
Das Publikum nimmt es den beiden sympathischen Musikern aber nicht krumm und freut sich über weitere Lieder, darunter auch ein neues, das in den nächsten Wochen erst veröffentlicht werden wird.
Alivan Blu sind in wenigen Wochen zurück
Mit „Let me go” gibt es schliesslich nochmals was Tanzbares zum Abschluss, wozu Anna sogar die Mundharmonika hervorholt. Alivan Blu spielen übrigens am Donnerstag, 27. April 2023 im Galvanik in Zug (Viertel vor Fritig, Eintritt frei).
Auf Melbourne’s Strassen
Kurz nach 21 Uhr betreten Amistat zusammen mit Multiinstrumentalist Phil Deekay die Bühne und starten mit “Remember me” in den Hauptteil des Konzertabend. Sie beginnen damit einen unglaublich schönen Abend, der uns allen lange in Erinnerung bleiben wird.
Rund 650 Konzertbesucher lauschen heute Abend im ausverkauften Dynamo den Songs von Amistat. In der Frontrow hält ein kleines Mädchen ihr selbstgemaltes Bild hoch, in der Hoffnung, dass die Band es irgendwann entdeckt. Etwas später im Konzert, kann sie es tatsächlich an Josef abgeben.
Amistat bedeutet in katalanisch Freundschaft. Dass die beiden nicht nur Brüder, sondern ebenso Freunde sind, merkt man gut. Und ebenso sind sie mit Freunden auf Tour. Während sich Jan und Josef bei Songs wie „Something wrong“ und „Far From Home“ an Gitarre und Keyboard abwechseln, mit ihrem warmen Stimmen und wunderschönen Harmonien Gänsehaut verursachen, unterstützt Phil Deekay sie an Geige, Gitarre und Percussion.
Phil haben sie damals beim Busking im australischen Melbourne kennengelernt, erzählt Jan im Verlaufe des Konzerts. Damals wollten sie sich erst noch die besten Spots streitig machen. Aber seither sei der Österreicher ihr bester Freund.
Träume werden wahr
Jan und Josef Prasil, besser bekannt als Amistat, sind seit 10 Jahren mit ihrer Musik unterwegs. Als Söhne eines Australiers und einer Tschechin wurden die beiden in Deutschland geboren und sind in Italien aufgewachsen. Später zogen die Brüder für einige Jahre nach Australien, wo sie entdeckten, dass ihre Musik, ihre einzigartigen Gesangsharmonien und ihre Art super ankommen. Die Zuhörer lieben sie und diese Liebe wächst unaufhörlich.
2019 waren Amistat mit der australischen Indie-Rock Band Sons Of The East (Konzertbericht: Sons Of The East letztes Jahr am Seaside Festival) auf Tour. Sie haben innerhalb von zwei Monaten 49 Shows in 15 Ländern gespielt. Eine eigene 150-Shows-Tour durch 10 Länder, inkl. Italien und Südafrika, folgte darauf. Seither steigt ihre Bekanntheit rund um die Welt rasant. Mittlerweile ging es für sie „back to the roots“ und sie leben wieder in Deutschland.
Komplette Bildstrecke: Amistat im Dynamo Zürich
Neben 5 EPs, zuletzt “Color in Life” Ende März 2023, hat Amistat 2019 ihr Debutalbum “Parley” veröffentlicht. Rechtzeitig auf die Pandemie hin gab es ausserdem ihr erstes Live-Album. Sie hofften, dass ihre Musik den Menschen in dieser schwierigen Zeit helfe. Tat es – auf jeden Fall mir. Musik wie die von Amistat ist in solchen Zeiten umso wohltuender: Sie entschleunigt, harmoniert, bringt einen in Balance und ist einfach schön.
So auch heute in Zürich: Mit Jubel und Pfiffen werden Amistat begeistert und anerkennend begrüßt. „Listen to the Silence“ oder „Ready Now“ (Josef‘s Favorit) etwa werden bis in die hinterste Ecke mitgesungen. Es sei unglaublich, was bei uns in der Schweiz abgeht, schwärmt Jan und erinnerst sich dabei an ihr letztes Zürcher Konzert im Papiersaal.
Auch nach so vielen Jahren, seien sie immer noch etwas nervös, auf die Bühne zu kommen. Aber umso glücklicher sind sie, dass nach all den Jahren ihr Traum, um die Welt zu touren, endlich in Erfüllung geht. Ab und an müssen sie sich gegenseitig etwas Ohrfeigen, um zu realisieren, dass alles real ist, erzählt Josef lachend.
Ein Gast aus Winterthur
Es ist das Ende des vierten Liedes, “Coward”, als sie zusätzlich Unterstützung an den Drums erhalten. Der Schlagzeuger begleitet sie ab sofort bei den meisten Songs, wie etwa bei den nächsten Liedern “Build a home” und “Falling”.
Neben ihm sind heute noch mehr Freunde dabei: Amistat holen Caro, die Sängerin der Winterthurer Folk-Pop Band Ginger & The Alchemists, ebenfalls für ein Lied zu sich auf die Bühne. Zusammen geben sie das “Heart On Fire” zum Besten . Das Lied wurde im November 2022 auf “Better now”, dem Debütalbum von Ginger & The Alchemists, veröffentlicht.
Keine Zugaben
Zwischen ihren Liedern wie “Brave”, „Listen to the Silence“ und Josef’s Favorit “Ready Now” erzählen Amistat Geschichten aus ihrem Musikerleben, ihrem Werdegang und der Entstehung ihrer Lieder. Denen hört man genau so gerne zu, wie ihrer Musik.
Zugaben spielen Amistat in dem Sinne allerdings dann keine, weil sie damit in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht haben. Dafür versprechen sie, die letzten Lieder so lange zu spielen, dass sie sich wie vier anfühlen. Und das tun sie schließlich tatsächlich. Mit ausführlichen Erzählungen und leidenschaftlichen Soli ziehen sich „Still Alive“ sowie der aktuelle EP/Tour Titelsong „Color in Life“ in die Länge. Ich bin aber überzeugt, wenn danach nicht direkt das Saallicht und Hintergrundmusik angegangen wären, hätte der ganze Saal lautstark weitere Zugaben gefordert. Weil zuhören könnte man Amistat ewig.
Amistat sind noch bis Ende April auf Tour, bevor die Festival-Saison beginnt. An folgenden Schweizer Festivals sind die Brüder dabei:
29.07.2023 Openair Etziken
17.08.2023 Gampel Openair
Wenn ihr sie bisher nicht gesehen habt, dann solltet ihr das diesen Sommer unbedingt nachholen!
Infos und Tourdaten findet ihr unter
www.amistatmusic.com
www.alivanblumusic.com
www.mainlandmusic.com
