Es war der dritte Tag des Stars Of Sounds Festivals in Murten, und es gab mehrere Gründe für meine Vorfreude:
- Das Festival selbst – mein alljährliches Highlight im Veranstaltungskalender.
- Der malerische Ort Murten, der mit seiner Atmosphäre bezaubert.
- Silbermond, die sich als mein Top-Highlight des Tages herausstellten
- Acts im Line-Up, die ich entweder noch nie (Ray Dalton und Calum Scott) live gesehen hatte oder seit Ewigkeiten nicht mehr (Take That).
Selbst das Wetter trat dadurch letztlich in den Hintergrund.
Alte Bekannte und Neuentdeckungen
Zwei Abende vorher hat mich vor allem die Schweizer Rockband Gotthard begeistert: Lest den Bericht hier. Nach einem kurzen Abstecher zu Michael Patrick Kelly in Lichtenstein am Vortag war ich zurück in Murten. Die Vorfreude war gross. Neben der britischen Boyband Take That standen Anna Rossinelli, Ray Dalton, Calum Scott und Silbermond auf dem Programm. Also zwei Acts, die ich bisher noch nie live gesehen und einen, den ich vor Jahren zuletzt gesehen hatte.
Es wurden Gewitter gemeldet. Wird schon nicht so schlimm, ging ich aber von aus. Tja, passend zum heutigen Tag sangen Take That später “The Flood”.
Ein Besuch beim La Gustav-Nachwuchs auf der Campfire Stage
In Bern war das Wetter noch super. Als ich in Murten aus dem Zug stieg, regnete es jedoch leicht. Auf der neuen Campfire Stage spielten bereits die Studenten von der fribourgischen Musikakademie La Gustav. Die Studenten der Musikschule gehören seit einigen Jahren bereits zum festen Line-Up einiger grossen Festivals (seht hier). Sie sind aktuell der siebte Jahrgang. Bereits 117 Studenten und Studentinnen haben die Schule seit 2018 besucht.
An diesem Samstag profitierte La Gustav sicher vom Regen, denn die kleine überdachte Bühne bot nicht nur Schutz, sondern man konnte sich an der dazugehörigen Feuerstelle trocknen und aufwärmen. Wenn’s dann noch Live Musik dazu gibt und vielleicht noch eine Cervelat zum Bräteln, was will man mehr?
Im Verlauf des 2. Sets habe ich dann ebenfalls kurz bei ihnen reingehört. Für mehr als 1-2 Songs reichte es mir am Ende leider nicht. Ich war dann halt schon interessiert an den grossen Acts.
Anna Rossinelli: Sonne, Songs und ein Steg voller Überraschungen
Es ging direkt zu Anna Rossinelli, die an diesem zweiten Festivaltag die Hauptbühne eröffnete. Anna Rossinelli brachte damit die Sonne zurück, denn just vor Showstart hörte es auf zu regnen. Mitreissend startete das Quartett mit “Somebody like you”. Neben Songs aus ihrem Album “Mother”, das dadurch inspiriert wurde, dass Anna im März letzten Jahres selbst Mama geworden ist, gehörten natürlich auch einige ihrer älteren Lieder auf die Setlist.
“Let it go” sang Anna und das nahm offensichtlich auch Petrus zu Herzen und liess die Sonne los. Der Himmel riss immer mehr auf und wir begannen in der Sonne zu schwitzen. Vor allem aber Anna, die ständig den langen Steg auf und ab rannte. Sie hatte sich etwas vor dem Steg gefürchtet, erzählte sie im Laufe des Konzertes. Doch am Ende fand sie so einen Steg ziemlich gut. Sie liess es sich nicht nehmen, ausgiebig darauf zu posen.
Take That oder Fussball?
Ob wir denn alle auf Take That warten, fragte sie? Sie werde den Schweiz-Deutschland Match schauen gehen, verriet sie und bekannte sich zum Fussball. Wir waren mitten in der UEFA Fussball-Europameisterschaft und natürlich gab es deshalb auch auf dem Festivalgelände, gleich hinter der Hauptbühne, einen Public Viewing-Bereich mit riesiger Leinwand. Als jemand erwähnte, dass das Spiel aber davor fertig sei, wollte sie vielleicht doch noch Take That schauen kommen.
Mit dem ruhigen “The World is yours” ging es weiter, bevor sie dem Soundtechniker mitteilte, dass sie den nächsten Song änderten. “There’s no going back” liess Anna das Publikum im Chor mitsingen. Wir mussten besonders laut sein, weil sie mit den In-ears nicht ganz so viel hören konnte. Es war der Country-Folk angehauchte Song “I used to be young”, ab dem neuen Album, in dem sie sich der Vergangenheit widmet und sich mit dem Älterwerden auseinandersetzt.
Vom ESC Glanz zur Bundespolizei
Die 1987 geborene Basler Musikerin ist mit der Musik aufgewachsen. Ihre ersten Bühnenerfahrungen machte sie bereits mit 13 Jahren und besuchte mit 16 Jahren die Basler Jazzschule. Darauf verbrachte sie zur musikalischen und sprachlichen Weiterbildung ein halbes Jahr in New York, USA.
Neber der Musik sammelte Anna in der SRF-Fernsehserie Tschugger, in der Rolle der Bundespolizistin Annette Brotz, eine Krimiparodie aus den Jahren 2021/2022, zudem erste Schauspielerfahrung. Darauf widmete sie sich aber wieder voll der Musik. So erlebte man Anna letztes Jahr als Teilnehmerin der 4. Sing meinen Song Schweiz Staffel. Deshalb präsentierte sie in Murten ihre Version von Luca Hännis ESC-Hit “She got me”. Im Gegensatz zu Luca’s feuriger Version, ist ihre ruhig und gefühlsbetont.
Mit dem Eurovision Song Contest hatte Anna ja vor Jahren bereits ihre eigenen Erfahrungen gemacht. Sie durfte 2010 die Schweiz in Düsseldorf an dem Musikcontest vertreten und wurde dadurch mit ihrem Lied “In Love For A While” national bekannt. Letzteres spielte sie als ungeplante Zugabe in einer speziellen Akustik-Version zusammen mit Gitarrist Manu, bevor sie sich verabschiedete – ab zum Fussballgucken.
Komplette Bildstrecke: Anna Rossinelli am Stars Of Sounds Murten
Am 16. August spielt Anna übrigens am Stadtfest “ Bebbi sim Jazz” auf dem Rümelinsplatz in Basel (Gratiskonzert). Da Sam Himself vor ihr spielt, lohnt es sich sicher doppelt hin zu gehen. Sehr wahrscheinlich, eigentlich Pflicht, dass die beiden das gemeinsame Duet “Deja vu” dort zum Besten geben werden.
Mit Ray Dalton auf die Sonne warten
Wenn es richtig heftig runter schüttet und du zu Ray Dalton tanzt, während er singt “…You know that I’ve been waiting for the sunshine… ”, dann ist das auf jeden Fall ein Festivalmoment für die Bücher. Ein Moment, in dem das Wetter einfach absolut egal wird und man nur noch Spass am Augenblick hat.
Nach einer kurzen Umbaupause stand der US-Sänger Ray Dalton mit Band und vier Tänzern auf der Hauptbühne. Der Tänzer Kevin Bannier erkannte ich von dem “Redbull Jukebox” Konzert von Hecht letzten Frühling in Zürich. Ich kannte Ray Dalton bisher nur durch Medien und Social Media. Mir war aber klar, dass ich mindestens einen Song kennen werde. So kurz vor Showstart fiel mir aber grad keiner ein.
Trotz eines ausgeprägten Jetlags gab Ray Dalton eine mega gute-Laune-Show. Er überraschte direkt zum Showstart mit dem mitreissenden Macklemore & Ryan Lewis Hit “Can’t Hold Us”. Wenn Künstler gleich mit ihrem grössten Hit starten, was kann da noch kommen? Bei Ray Dalton definitiv noch mehr Hits – und sollte es noch kein Hit sein, wird es wohl einer werden. Sofort war klar: Hier stand ein Künstler, der weiss, wie man sein Publikum mitnimmt. Die Energie, die Ray Dalton ausstrahlte, ließ das Publikum sofort mitgehen. Mit einem fröhlichen „Danke viel mol“ und der Frage „Are you ready to party today?“ sorgte er von Beginn an für beste Stimmung.
Neue Single, neues Album, neue Höhen
Ray Dalton ist bereits einige Jahre unterwegs und freut sich riesig, dass am 20. September endlich sein erstes Album “Thee Unknown“ das Licht der Musikwelt erblicken wird. Am Vortag wurde gerade die neue Single “Tears To Stay” veröffentlicht, die auf der Setliste somit natürlich nicht fehlte.
Der sympathische 34-jährige hatte schon als Teenager in einem bekannten Gospelchor in Seattle gesungen und war dadurch in der Welt rumgekommen. Und seit Ray Dalton von Ryan Lewis entdeckt wurde, konnte er mit einigen namhaften Größen der Musikbranche zusammengearbeiten. Es entstand das Duett “Manila” mit Sänger Alvaro Soler, “Don’t Worry” mit dem norwegischen Duo Madcon oder “Call It Love” mit dem deutschen DJ und Produzenten Felix Jaehn.
Singen mit Freunden
Er spielte aber auch eigene Songs. Teil seines Auftritts waren etwa “Don’t make me miss you” und “All We Got” sowie seine eigene Version von Amy Winehouse’s “Rehab”. Ray bedauerte es ein wenig, konnte er nicht mit seinen Freunden daheim den amerikanischen Nationalfeiertag am 4. Juli, den Independence Day, feiern, weil er unterwegs war. Normalerweise sassen sie alle zusammen, sangen und tranken dazu Tequila. So sang er das gleichnamige Lied eben mit uns genauso lautstark und mit viel Herzblut als wäre er mit seinen Freunden am Feiern.
Der Himmel wurde währenddessen immer dunkler. Mit “In My Bones” kam das Konzert dann langsam ans Ende. Dabei liessen sich weder Ray noch die Tänzer vom heftigen Regen beeindrucken. Nach dem Motto “Do it again” spielten sie den Song nochmals zum Abschluss und irgendwann hörte wohl auch der Letzte auf, auf die Sonne zu warten und tanzte einfach ausgelassen im Regen weiter.
Komplette Bildstrecke: Ray Dalton am Stars Of Sounds Murten
Calum Scott: Wasser von oben, Gänsehaut von innen
Viele Konzertbesucher hatten sich in der Zwischenzeit dennoch ein Dach über dem Kopf gesucht. Das Zelt der Kufa-Bar sah aus, als platze es jeden Augenblick aus allen Nähten und konnte man sich kaum noch rühren. Zum Glück liess der Regen für den nächsten Act zwar nicht ganz, aber immerhin etwas nach.
Calum Scott begann sein Set mit der wunderschönen Ballade „Lighthouse“, deren melancholische Stimmung perfekt zum grauen, wolkenbehangenen Himmel passte. Trotz des andauernden Regens, der den Konzertplatz kräftig durchnässte, ließ sich Calum nicht beirren. In seinem weißen Outfit stand auch er im Regen, was seinem Auftritt eine zusätzliche Stärke verlieh. Seine warme Stimme und die Ausdruckskraft seiner Lieder erzeugten dazu eine fast intime Atmosphäre. Gänsehaut garantiert.
Das Herzstück des Konzerts
Das Set am Stars Of Sounds war eine Reise durch Calum Scott’s musikalische Welt, seine kräftige und gefühlvolle Stimme das Herzstück dabei. Neben „Lighthouse“ präsentierte Calum aber auch einige energetische Songs wie „Rhythm Inside“, gefolgt von „Rise“, das mit seiner kraftvollen Melodie und dem ergreifenden Text das Publikum mitriss. Mit dem neuen Track „Roots“ (VÖ: 12.07.2024) brachte Calum Scott ebenfalls eine frische, lebensfrohe Note in sein Set. Der Song, der von euphorischen und positiven Gefühlen der Liebe handelt, begeisterte das Publikum. Ein besonderes Highlight in Murten war aber sicher die Coverversion von Maroon 5’s „This Love“, die Calum’s frühere Verbindung zu seiner Maroon 5-Coverband „Maroon 4“ aufgriff und nostalgische Gefühle weckte.
Vom goldenen Buzzer zum Weltstar
Der sympathische Sänger war schon öfters bei uns in der Schweiz. Er wurde im April 2015 durch seinen Auftritt bei „Britain’s Got Talent“ und dem Cover „Dancing on My Own“, der schwedischen Sängerin Robyn, bekannt. Schon damals überzeugte er mit seiner Bühnenpräsenz. Anders als seine Schwester, die ebenfalls bei der Castingshow mitmachte und durch drei “Nein” ausschied, holte sich Calum Scott von Juror Simon Cowell direkt den goldenen Buzzer ins Halbfinale. Sein Debütalbum “Only Human”, das er im März 2018 veröffentlichte, landete auf Platz 4 der UK Charts, auf Platz 2 in Schottland und (immerhin) Platz 13 bei uns in der Schweiz. Das zweite Album Bridges” folgte 2022.
Calum Scott in bester Form
Die Festivalshow erreichte seinen emotionalen Höhepunkt mit „Heaven“, bei dem Calum von einer Cellistin begleitet wurde. Die Kombination aus seiner intensiven Stimme und dem Klang des Cellos verlieh dem Lied eine besondere Dimension.
Komplette Bildstrecke: Calum Scott am Stars Of Sounds Murten
Für die Fans, die trotz des Regens vor der Bühne standen, war seine Zugabe mit „You Are the Reason“ schliesslich ein bewegender Moment. Der krönende Abschluss machte „Dancing on My Own“, das Calum Scotts Weg damals massgeblich prägte.
Es war ein wunderschöner und mega sympathischer Auftritt. Aktuell ist Calum Scott kreuz und quer durch Europa auf Festival Tour bevor es im Herbst übersee Richtung Kanada und USA geht. Er wird aber bestimmt auch bei uns bald wieder live zu sehen sein. Einfach Augen offen halten.
Auf auf durch den Matsch: Regen, Schlamm und Silbermond
Gerade als man aufs Beste hoffte, wurde der Wasserhahn da oben nochmals aufgedreht. Aber die Vorfreude auf das Silbermond Konzert konnte, zumindest mir, keiner nehmen. Ich sah Silbermond nicht zum ersten Mal live und wusste, auf Stefanie Klose und ihre Männer ist immer Verlass. Das Konzert war prädestiniert dazu grossartig zu werden. Also, “Auf Auf in den Sommer… “, wie Silbermond so schön singen – und ewww, ab durch den Matsch.
Jap, als die deutsche Band ihr Konzert mit “Kleid aus Hoffnung” startete, standen wir alle auf der Pantschau Knöcheltief im Matsch. Da half alles nichts. Zwar eh schon löchrig und kaputt, konnte ich jetzt schon meinen Turnschuhen gedanklich Lebewohl sagen. Aber trotz dass der Regen in Strömen auf uns prasselte, liessen sich weder Silbermond noch das Publikum die Stimmung verderben.
Zu verdanken war dies auf jeden Fall auch der positiven und motivierenden Art von Frontfrau Steffi. Während sie von den gegenwärtigen, weltweiten Herausforderungen sprach, ermutigte sie das Publikum, das Beste aus diesen Situationen zu machen. Wir sollten auch diesen Abend, trotz des Regens, unvergesslich machen. Sie war dabei natürlich durchgehend mittendrin, statt nur dabei. In der schwarz weiß-karierten Auf Auf-Jacke wurde sie genauso nass wie ihr Publikum.
Silbermond traf spät am Festivalgelände ein und konnte somit keinen Soundcheck machen. Das hatte jedoch null Einfluss auf die Qualität ihres Auftritts. Trotz des Regens startete das Konzert pünktlich und Silbermond präsentierte sich einmal mehr wetterfest und energetisch.
Von Bautzen in die Welt
Aktuell sind Silbermond mit ihrem siebten Studioalbum “Auf Auf” auf Tour, das im Juni 2023 veröffentlicht wurde. Die vierköpfige Pop-Rock-Band aus dem deutschen Bautzen reflektiert mit diesem Album die Herausforderungen der letzten Jahre mit einem optimistischen Blick aufs Leben. So drehen sich die Lieder von Silbermond aber auch allgemein um Herausforderungen, Hoffnung und Liebe sowie ganz einfach das Leben an sich. 2002 gegründet, erlangten Silbermond ihre ersten grosse Erfolge dank des Debütalbums “Verschwende deine Zeit”. Darauf zu finden sind zwei ihrer grössten Hits, die natürlich auf der Setlist in Murten nicht fehlen durften: “Durch die Nacht” und “Symphonie”.
Aber erst folgte mit “B96” ein Lied über die Autobahn, die sie immer wieder nach Hause bringt. Der mitreißend und kraftvolle Rocksong “Immer am Limit” dreht sich um Überforderung, Stress und dem Streben nach Perfektion. Mit der darauf folgendem nachdenklichen Ballade “A Stückl heile Welt” machten sich Silbermond derweil auf die Suche nach Frieden und Geborgenheit.
B-Stage Zauber
Egal ob energiegeladene Uptempo-Nummern oder melancholische Balladen, die Lieder von Silbermond gehen mitten ins Herz. Ich hatte definitiv nicht nur aufgrund des Regens feuchte Augen. Ganz besonders, als Steffi sich in Mitten des Konzerts via Crowdsurfing auf die B-Stage, hinten neben dem FOH, tragen liess, wo sie mit zwei ihrer erfolgreichsten Songs fortfuhr. Die restliche Band folgte ihr zu Fuss. So standen Silbermond mit ihrem Hit “Das Beste” aus dem Jahr 2006 mitten auf der Wiese im Regen und sorgten für Emotionen pur. Das Lied ist eh schon emotional, aber die Regenatmosphäre verstärkte das Ganze.
Es folgte noch mehr Gänsehaut mit “Krieger des Lichts”. Davor hielt Steffi aber erst einen kurzen Schwatz mit einem Zuschauer über die Fussball-EM. Sie versicherte ihm, wenn sie das Zeichen kriege, dass die Schweiz gegen England während dem Lied ein Tor geschossen habe, dann würden sie sofort unterbrechen.
Steffi bedankte sich an dem Abend mehr als einmal und war gerührt, dass so viele Leute an ihrem Konzert standen, während eines solch wichtigen Fußballspiels. Aber spätestens während dem Akustikset war bereits klar, dass Silbermond absolut das Beste dieses Festivaltages waren. Wer sich mehr für Fussball interessierte als für Musik, blieb da am Besten zu Hause.
Mit der Symphonie durch die Nacht
Zurück auf die Hauptbühne ging es zu Fuss durch den Matsch, wo es mit den Emotionen weiterging. Neben ihrem “Genauso” folgte das Montez Cover “Engel”. Stefanie war in zwei Staffeln, darunter das letztjährige 10-Jahre-Jubiläum von Sing meinen Song dabei, weshalb ein Sendungsbeitrag nur logisch war. Aber richtig intensiv wurde es mit “Symphonie” und den dazugehörigen Songzeilen “…und jetzt wird es still um uns, denn wir stehen hier im Regen…”. So standen wir tatsächlich da im Regen. Alle lauschten stillschweigend und tief berührt Steffis kraftvolle Stimme, dem emotionalen Texten sowie Melodien und liessen sich von ihr davon tragen. Die Party-Stimmung wurde aber nochmals mit “Leichtes Gepäck” und einem Schweizer Fussballtrikot über Steffis Schulter angeheizt, bevor sich Silbermond mit “Durch die Nacht” aus Murten verabschiedeten
Komplette Bildstrecke: Silbermond am Stars Of Sounds Murten
Einmal mehr zeigte die Band, dass sie sich durch nichts aufhalten lassen und einfach jedes Mal mit unglaublich viel Energie und Leidenschaft auf der Bühne stehen. So viele, die Silbermond offensichtlich zum ersten Mal live gesehen haben, waren unglaublich begeistert von der Band rund um Stefanie Klose. Wenn die Musik nicht ihren Geschmack traf, dann mindestens die unglaubliche Bühnenpräsenz der Sängerin. Silbermond bewiesen erneut, wieso sie zu den bedeutendsten deutschsprachigen Bands gehören.
Take That: Boyband Revival
Am Seeufer stand schon den ganzen Nachmittag der grosse Truck mit riesiger Take That-Beschriftung, der die Vorfreude auf die britischen Superstars und somit die letzte Show des Tages steigerte. Take That’s “Progress” Konzert mit Robbie Wiliams im Sommer 2011 in München (lest hier) zählt bis heute zu den überwältigendsten Konzerten, die ich je gesehen habe. Seit Jason Orange jedoch vor einer Dekade im 2014 (Wo ist die Zeit hin?) ausgestiegen ist, sind Take That nur noch als Trio unterwegs. Ich hätte nie gedacht, dass ich Take That überhaupt je auf einem Schweizer Festival live erleben würde und war gespannt, ob mir diese Konstellation noch gefallen würde.
Erstaunlicherweise hatte der Regen aufgehört. Die Take That Fans, die meisten mittlerweile in ihren 40ern, waren bereit. Wie erwartet war der Großteil der Fans vermehrt weiblich. Einige hatten sogar selbstgebastelte Plakate dabei. Take That sind mit einer fünfköpfigen Begleitband unterwegs, die die Show mit einem Intro startete. Typisch Boygroup-like standen Gary Barlow, Mark Owen und Howard Donald oben am Treppenabsatz und stimmten in schwarz-weißen Outfits gekleidet “The Greatest Day” an. Ob das heute der großartigste Tag werden würde?
Während des Songs stiegen die Drei langsam die Treppe hinab, Gary Barlow im Lead. Oh ja, schon beim ersten Lied war das Boyband-Klischee omnipräsent, doch es sollte noch mehr folgen. Nach Garys Begrüßung übernahmen Mark und Howard die großen Trommeln für den Song „Giants“, und es wurde kräftig auf die Pauken gehauen.
Take That & Party – eine Reise durch die Zeit
Gary Barlow wechselte ans Piano, und gemeinsam mit Howard leiteten sie mit dem ersten 90er-Klassiker „Everything Changes“ ihre musikalische Zeitreise durch die mehr als 30-jährige Karriere ein. Mark begleitete auf der Akustikgitarre, und ein Saxophonist ergänzte den Song mit seinen Soli. Soweit so gut. Ich bin grundsätzlich begeistert, wenn Boybands zeigen, dass sie musikalisch durchaus was können und nicht nur auf ihren Barhockern rumsitzen.
Gegründet wurde Take That 1990 in Manchester als fünfköpfige Boyband, bestehend aus Gary Barlow, Mark Owen, Howard Donald, Jason Orange und Robbie Williams. Mit ihrem Debütalbum „Take That & Party“ 1992 begann ihre Erfolgsgeschichte. Trotz des Rauswurfs von Robbie Williams im Juli 1995 und der darauffolgenden Trennung 1996, fand die Band 2005 als Quartett zurück, und die Alben „Beautiful World“ und „The Circus“ feierten große Erfolge. Ich bekam Take That grundsätzlich erst ab ihrem Comeback mit und habe sie 2007 in Zürich zum ersten Mal live gesehen.
2010 kehrte Robbie Williams einmalig für das Album „Progress“ zurück. Seit sich Jason Orange vor einer Dekade aus Take That verabschiedet hat, sind sie als Trio aktiv und vor allem in Großbritannien weiterhin sehr erfolgreich. Ihr aktuelles Album „This Life“ stieg erneut direkt auf Platz 1 der UK-Charts ein. Von ihren 9 Studioalben waren sieben auf der Nr 1 und zwei auf Platz zwei der UK Charts!
Leider war der Sound weiter hinten im Publikum eher leise, was das Konzerterlebnis trübte. Als Mark Owen „Shine“ performte, einer meiner Take That Favoriten, konnte der Song nicht ganz zünden. Er hatte soweit hinten einfach viel zu wenig Power und es fehlte seine Intensität. Auch später blieb der Klang hinter den Erwartungen zurück. Dennoch war meine Kollegin, die sich nicht besonders für Boybands interessiert, wohl von meinem anhaltenden Enthusiasmus für die Band und ihre Musik überrascht. Ich fand es ja schon echt toll Take That wieder live zusehen. Boygroups feiern und dabei ein Bisschen mehr Fangirl sein als bei anderen, macht Spass.
Gary Barlow nahm wieder am Piano Platz, während Mark Owen seine zahlreichen Auszeichnungen aufzählte. Dazu gehören 8 Brit Awards, 10 Bravo Awards und zweimal Songwriter of the Year. Gary’s Songwriting-Kunst prägte über die Jahre viele der Take That-Songs, angefangen mit dem Debütalbum „Take That & Party“ und dem Klassiker „A Million Love Songs“, mit dem damals alles begann.
Eine Hommage an die Vergangenheit
Als Hommage an die Vergangenheit schlüpften die Bandmitglieder in Lederjacken und nahmen Platz auf Barhockern. Gary führte „I Found Heaven“ an, während ich mich fragte, ob die gerade gezeigte Tanzchoreografieernst gemeint war oder sich die Band gerade selbst auf die Schippe nahm? Howard erzählte vorab die Bandgeschichte, als das Trio ihren Durchbruch-Song „Pray“ präsentiere. Es folgte das emotionale „How Deep Is Your Love“ der Bee Gees, das zur Zeit der damaligen Trennung veröffentlicht wurde.
Als die Erzählung von der Reunion im Jahr 2006 und dem Hit „Patience“ ankam, wechselte die Band zu weißen College-Jacken mit großen Initialen und setzte ihre Tanzchoreografien fort. Anscheinend waren die Choreografien erst gemeint? Die Tanznummern wirkten auf mich jedoch nicht überzeugend. Vielleicht sollten sie ihre Show zukünftig etwas anders gestalten. Inzwischen sind sie ja auch keine 20 mehr und das Tanzen scheint nicht mehr ganz passend.
Obwohl nur zwei Songs des neuen Albums „This Life“ in der Setlist enthalten waren, fand ich die Setlist echt schön, abwechslungsreich und wirklich gelungen. Besonders gefiel mir, dass Gary am Piano und Mark an der Gitarre immer wieder begleiteten.
Mit „The Flood“ folgte ein Song, der perfekt zum vorangegangenen Wolkenbruch passte. Der Text lässt sich wunderbar ins Wetter interpretieren mit Zeilen wie „we were holding back the flood, learning how to dance the rain…“. Dieser Song reflektierte nicht nur das Wetter, das den Tag geprägt hatte, sondern passte auch emotional zum gesamten Festivalerlebnis. Zumal man erwähnen muss, dass es während der Take That Show tatsächlich trocken blieb, was den Songtext umso symbolischer machte. „The Flood“ ist nicht nur ein weiterer meiner Lieblingssongs von Take That, sondern auch mit vielen Emotionen verbunden. War es 2010 auch die erste Single, die Take That zu fünft nach fast 15 Jahren veröffentlichten.
„Get Ready For It“ und „Windows“ waren die nächsten auf der Setlist, bevor Howard mit breitem Grinsen und sichtlich amüsiert von Marks Shoppingtouren in jeder Stadt erzählte. Am Ende packten sie die Souvenirs aus der Schweiz aus – Fahnen, Caps und Brillen. Die Tobleronenn verteilten sie direkt ins Publikum, bevor sie der aktuelle Albumtitelsong „This Life“ zum Besten gaben. Ob sie denn das vorausgegangene Fußballspiel erwähnen dürften, fragten sie dabei spitzbübisch. Tja, die Schweiz hatte in der Verlängerung gegen England doch noch verloren. Von daher, schwieriges Thema und ein bestimmtes „ähm, NEIN?! Lasst es einfach!” Haha.
Komplette Bildstrecke: Take That in Murten
Gegen Ende folgte nochmals ein Hit-Feuerwerk: „Relight My Fire“ und „These Days“ wurden mit energiegeladener Choreografie und beeindruckender Lichtshow gespielt. Mark übernahm nochmals den Lead-Gesang bei „Hold Up a Light“, während die Stimmung ruhiger wurde, als Gary ans Piano ging und Mark sowie Howard auf der Treppe Platz nahmen. Die ultimativen 90er-Hits „Back for Good“ und „Never Forget“ wurden besonders laut und mitreißend gefeiert. Wobei das Lautstärkeproblem leider nach wie vor bestand und die Wucht der Songs es nicht ganz nach hinten schaffte.
Take That verabschiedeten sich mit “Rule The World” und ja sie beherrschen nach wie vor das Boygroup-Business, auch wenn das mit den Choreografien vielleicht doch nochmals überarbeitet werden muss. Die Band konnte mit ihren großen Hits und dem emotionalen Auftritt punkten, was den Abend trotz der kleinen Mängel besonders machte.
Glanzvolles Highlight
Der dritte Tag des Stars Of Sounds Murten punktete mit einem mitreissenden Programm und die Auftritte der mir bisher unbekannten Acts Ray Dalton und Calum Scott erwiesen sich als echte Entdeckungen. Besonders hervorzuheben war jedoch der Auftritt von Silbermond. Die Band meisterte die widrigen Wetterbedingungen mit Bravour und setzte damit einen glanzvollen Höhepunkt des Abends. Silbermonds Performance strahlte über den Regen und das Matschland hinweg und hinterließ bei den Zuschauern bleibende Erinnerungen.
Weitere Infos zu Festival und Acts findet ihr hier:
www.starsofsounds.ch
lagustav.ch
www.annarossinellimusic.com
www.calumscott.com
www.silbermond.de
takethat.com
