Gleich mal vorneweg: Es war NICHT das letzte Snowpenair. Der Event soll mindestens noch zwei Mal stattfinden. Wäre es aber das letzte Mal Snowpenair gewesen, wär es ein super schöner Abschluss gewesen.
Neuer Bahnhof, neue Organisation
Noch bei meinem letzten Snowpenair Besuch stieg man aus dem Zug aus Interlaken Ost aus und der Run auf die Bergbähnli begann. Wenn man Pech hatte, wartete man eine halbe Stunde, bis man sich in das nächste quetschen konnte. Das wollte natürlich keiner. Dieses Mal war allerdings alles anders. Ich stieg aus dem Zug aus und war erst mal verwirrt. War ich hier überhaupt richtig? Wo sind die Bähnli für auf die kleine Scheidegg? Die standen doch immer direkt vor meiner Nase. Naja, irgendwie dem Strom nach, dann würde ich es schon finden.
Siehe da. Seit meinem letzten Besuch am Snowpenair ist der Lauterbrunnen Bahnhof umgebaut worden. Somit ging es vom Ankunftsgleis erst einmal ums Bahnhofsgebäude rum, wo schon auf grossen Plakaten „Bitte Tickets bereithalten“ und „Hier kein Ticketverkauf“, drauf stand. Und ich hatte noch mit wem diskutiert, dass sie wohl einfach nur ab und zu Stichproben machten. Das ginge ja sonst fast nicht.
Die Reisenden reihten sich ein, Tickets wurden kontrolliert und etwas weiter vorn standen vor dem Zugang zur Unterführung und den Gleisen nochmals Schranken. Die Leute wurden abgezählt durchgelassen. Dabei wurde schliesslich zwar doch noch gedrängelt wie verrückt, aber das Ganze schien am Ende trotzdem viel organisierter als die letzten Jahre. Mit den beiden Frauen, neben denen ich im Bähnli sass, hatte ich dann auch beste Gesellschaft. Die Fahrt auf die kleine Scheidegg wurde so sehr kurzweilig.
Trotz besserer Organisation kam ich dann aber zu spät an. Der erste Act hatte bereits begonnen. Das war mir also auch noch nie passiert. War ich letztes Mal doch früher unterwegs gewesen?
Strahlend blauer Himmel und sommerliche Temperaturen
Es war schon bei Konzertbeginn richtig warm und sollte im Laufe des Tages noch wärmer werden. Die paar Wölkchen, die am Vormittag noch die Bergspitzen umgaben, verzogen sich später. Sonnenhut, -brille und –creme waren einmal mehr Pflicht. Ausserdem wurden wieder Hüte verteilt. Es war herrlich!
Während viele Openair Besucher erst noch eintrafen, sich mit Kaffee, Gipfel oder ja, dem ersten Bier, stärkten und sich am Hang einrichteten, hatte der Interlakner Rapper Julian das 21. Snowpenair eröffnet. Dabei war es mit 9500 Zuschauern zum 15. Mal ausverkauft.
Mit seiner vierköpfigen Band, in der seine Schwester als Background Sängerin singt, präsentiere Julian, auch bekannt als MC Juli, Songs ab seinem Album “Verrisse”. Die anwesenden Zuschauer brachte er schon ziemlich gut in Stimmung. Ich war mir allerdings am Ende eher unschlüssig, ob mir die Musik nun gefiel oder nicht 😉
Marc Sway brachte den brasilianischen Sommer auf den Berg
Ganz anders bei Marc Sway: Waren einige Besucherinnen der Meinung, dass Marc Sway nicht auf den Berg passe und er jemand sei, den man sonst wo schauen gehe, fand ich sein Konzert richtig klasse. In bunt geblümten Sommerhosen betrat er die Bühne und strahlte mit der Sonne um die Wette. Er und seine Band brachten den brasilianischen Sommer auf die kleine Scheidegg.
Das höchste in Brasilien, sei ja die Jesus Figur, lachte Marc. Er habe seiner Mutter deshalb erzählt, das Snowpenair finde auf 6000m oben statt. Aber eigentlich sei es egal, wie hoch oder wo man sei, mit den richtigen Leuten, gebe es immer eine gute Party. “Do you feel the same?” fragte er dabei zwischendrin.
Neben diversen brasilianischen Songs und klängen, auf die wilde Soli und sogar Raps folgten, gab es etwas Sprachunterricht mit Marc: “Alles was ich aus 7 Jahre Französisch-Lernen noch weiss, ist, dass ich Französisch gelernt habe”, grinste er bei seinem Song „Mon Cheri“. Der Text dazu sei ja einfach, aber eben. Jaja, er hat die Diskussion und die Sprüche in den Medien die Tage davor anscheinend auch verfolgt 😉
Andererseits lehrte er uns aber auch “saudade” (ich hoffe, ich hab das jetzt richtig geschrieben lol) nach ihm das schönste Brasilianische Wort. Es bedeute so viel wie Heimweh oder Sehnsucht. Die Schweiz sei da ja das beste Beispiel für und so drückte er mit dem Song “The Way Back Home” seine Dankbarkeit aus, hier aufgewachsen zu sein und zu leben. Das untermalte er zwischen einem seiner Songs noch mit einem kleinen “Vogellisi”-Einschub – „…zBerner Oberland isch schöön“. Zu seinem schwierigsten und kompliziertesten Lied “Frauen verstehen” meinte er hingegen, dass man die Frauen nicht verstehen müsse, sondern einfach von ganzem Herzen lieben.
Bereits zu Beginn des Konzertes hatte er das Publikum gebeten, dass alle doch etwas zur Bühne aufrücken sollen. Oben am Berg staute es sich, vor der Bühne hatte es hingegen noch so viel Platz. Da das anscheinend aber keine Wirkung gezeigt hatte, sprang Sway während “You Got To Love” gleich selbst ins Publikum, um dem etwas Abhilfe zu schaffen. Vor lauter Selfie-Wünsche kam er dann aber fast nicht zum Singen und Leute animieren.
Zurück auf der Bühne ging das Konzert dann bald schon zu ende. Natürlich durfte aber in der Zugabe sein Hit “Severina” nicht fehlen.
Eine richtige Alpenparty mit Trauffer
War die Stimmung bisher sehr gut gewesen, stieg sie um ein Mehrfaches an, sobald “Dä mit de Chüeh” die Bühne betrat. 80% der Zuschauer waren wohl wegen Trauffer gekommen. Es fühlte sich auf jeden Fall so an.
Nicht zum ersten Mal am Snowpenair, sind Trauffer und seine Band seit März mit dem neuen, Platin ausgezeichneten Album “Schnupf Schnaps + Edelwyss” auf fast komplett ausverkaufter Tour und haben mit ihrer ganzen Alpenparty, inkl. Chalet, Zwischenhalt am Snowpenair gemacht. Das Chalet stand, der Brunnen plätscherte und die Fahnen wurden geschwungen. Da war sogar das “Frl. Marty” schnell im Publikum gefunden.
Neben meinen neuen Favoriten, den wunderschönen “Schärischnitt” (schaut euch unbedingt mal das offizielle Video dazu an) und “Heldin”, gab es ein Medley bestehend aus “zjung für mi”, “Zwätschgelisi”, “Zumba” und der “Gipfel”. Letzterer natürlich mit Choreo. Ebenfalls eine Choreo gab es mit dem „Burebüebli“-Refrain. Da bewegte sich der ganze Berg synchron. Wie man im Trauffer Video sieht, ein unglaubliche Anblick von der Bühne aus (Link hier). Mit dem neuen Song “Liire” gab es dann sogar einige Reggae Beats und auch eine kurze Stubete fehlte nicht.
Zu “Bier + Cervelat” wurde in der Lederjacke gerockt und wie Marc Sway ging auch Trauffer auf Tuchfühlung mit dem Publikum, sogar zwei Mal. Erst liess er zum Mischpult einen Graben bilden, um hören zu gehen, ob die Hinten auch wirklich mitsangen. Beim zweiten Mal entdeckte er eine Junggesellenparty, die mit einem grossen selbstgestalten Banner auf sich aufmerksam machten. Dem zukünftigen Ehemann ging er gleich persönlich gratulieren und alles Gute wünschen.
Zu „Müeh mit de Chüeh“ wurde dann nochmals fleissig geschunkelt, bevor sie das Konzert mit dem vieldisskutierten „Geissepeter“ abschlossen.
Trauffer ist noch bis am 26. Mai auf Tour, bevor die Festivalsaison folgt. Wer Glück hat kriegt vor allem für die einzelnen Zusatzshows noch das eine oder andere Ticket. Alle anderen holen sich am besten ein Ticket für die grosse Hallenstadion-Show am 23. November 2018. Am einzigen Herbstkonzert feiert Trauffer mit Gästen (ja, wer die sind, bin ich auch gespannt) die grosse Schnupf Schnaps + Edelwyss Abschlussparty, bevor er in eine längere Pause gehen will.
Bald kein Snowpenair mehr?
Es folgte eine weitere Umbaupause, die Moderator Sascha Ruefer einmal mehr nutze, um das Publikum noch etwas mehr anzustacheln und zum Lautsein zu animieren. Vielen mag bekannt sein, dass es in rund 2 Jahren dem Snowpenair, so wie es jetzt ist, an den Kragen gehen wird. Nach der Eröffnung des neuen Express-Zuges wird das Snowpenair wegen Einsprachen nicht mehr stattfinden. Da könne man ja die Verantwortlichen dieser Einsprache nochmals etwas ärgern und besonders viel Lärm machen. Aufgegeben haben sie es anscheinen noch nicht, aber ein neuer Standort ist auch noch nicht sicher.
Amy liess die Musik sprechen
Sehr schade, wie sich das entwickelt, denn auch Amy MacDonald, die als letzter Act an diesem Samstag auf der Bühne stand, findet, dass es neben Festivals wie in Montreux, eines der schönsten Openairs ist.
Zuletzt vor einem Jahr in der Samsung Hall in Zürich gesehen (lest hier), eröffnete sie auch dieses Mal ihre Show mit meinem Favorite „Under Stars“ ab ihrem aktuellen, gleichnamigen Album. Wir seien alle ganz schön Hardcore so umgeben von Schnee in T-Shirts rumzulaufen, meinte sie. Aber so in der Sonne war das tatsächlich gut auszuhalten und man musste aufpassen, dass man keinen Sonnenbrand kriegte.
Bald merkte sie, dass offensichtlich die wenigsten ihr Englisch, mit dem schottischen Dialekt, verstanden und liess halt einfach ihre Musik sprechen. Einige waren direkt nach Trauffer tatsächlich gegangen. Die anderen, die etwa noch die Nasen gerümpft hatten, hatten sie dann schnell mal überrascht und viele davon von sich sowie ihrer Musik überzeugt. Ihre Fans tanzten und sangen natürlich von Anfang an ausgelassen mit.
Mal rockte sie mit ihrer Band zu bekannten Hits wie „Mr Rock‘n‘Roll“, „This is Life“ oder „Dream on“. Dann stand sie nur mit dem Gitarristen oder sogar ganz allein auf der Bühne, um „4th Of July“ oder „Pride“ in reduzierteren Akustikversionen zu spielen. Zu „Slow it down“ liess sie auch gerne mal das Publikum mitsingen.
Mein Snowpenair Higlight
„Automatic“ oder „Life in a beautiful light“ gehörten unter anderem zu meinen Favoriten. Aber allgemein war Amy MacDonald mein diesjähriges Snowpenair Highlight. Ich mag ihre spezielle Stimme zusammen mit den einerseits wunderschönen, einfühlsamen Balladen, andererseits der mitreissenden, poppigen Rocksongs. Mitten im Schnee, bei strahlend blauem Himmel und warmen Sonnenschein, waren das so die perfekten 1,5 Stunden. So richtig zum Geniessen und die Seele baumeln lassen.
Aftershowparty mit Kandlbauer
Erst was essen und trinken, bevor es noch ans After-Showkonzert mit Daniel Kandlbauer ging. Er liess mit seinen Rock/Countrysongs, eigenen sowie das eine oder andere Cover, den Abend ausklingen. Eines dieser Cover war Adele’s „Rolling in the deep“. Das klang ja mal richtig toll! Trauffer Akkordeonspieler Thomas war übrigens als Keyboarder bei ihm in der Band.
Ich hatte erst nicht wirklich kapiert, wo diese kleine Aftershow-Bühne stehen würde. Manche redeten von unten in Grindelwald auf einem Platz. Das fand ich ja mal super unpraktisch und war schon enttäuscht gewesen. Den Zwischenstopp hätte ich nicht noch machen wollen 😉 Aber logischerweise machten es die Organisatoren nicht so kompliziert und die kleine Aftershow-Bühne stand oben neben dem Eingang. Einfach auf der andern Seite, als dass ich aufs Gelände kam.
Ganz bis ans Ende hielt ich es aber doch nicht mehr aus und machte mich kurz davor auf zum nächsten Bähnli nach Hause. Lustiger Zufall: Ich traf die beiden Konzertbesucherinnen wieder, die ich beim Hochfahren kennengelernt hatte.
Das war einmal mehr ein wunderbares Openair und ein toller Tag.
Und wer kommt nächstes Jahr?
Das nächste Snowpenair findet am 6. April 2019 statt. Zugegeben mit der Ankündigung von DJ Antoine als erster Act konnten die Organisatoren bei mir kein Bisschen punkten. Und ich hatte den Eindruck, ich war nicht die Einzige. Aber sie werden bestimmt noch eine tolle Band gebucht haben? 😉 Das erfahren wir dann wie immer zu einem späteren Zeitpunkt.
Wie hat euch das diesjährige Snowpenair gefallen? Und wen würdet ihr euch als nächstes auf der Snowpenair Bühne wünschen?
sämtliche Fotos zum Snowpenair findet ihr [HIER].
Infos zu den Bands gibt es hier:
Julian
www.marcsway.ch
www.trauffermusic.ch
www.amymacdonald.co.uk
kandlbauer.ch